Ein unmöglicher Versuch
mit Sibylle Berg

Sich einer Großmeisterin wie Sibylle Berg zu nähern ist schwerig. Nach reiflicher Überlegung kam ich zu dem Schluss, dass es mir schließlich nie so gelingen würde, wie ich wollte. Aus diesem Grund strich ich all meine Fragen auf zehn Wörter zusammen, in der Hoffnung, sie würde das verstehen. Und hier lesen sie das Ergebnis:

Schriftstellerin?

Wollte ich seit ich 5 war werden. Weil – ja vermutlich weil ich Angst vor Lokomotiven hatte. Tja, da denken Sie jetzt mal darüber nach. Geschrieben habe ich dann später tonnenweise Geschichten, 2 unveröffentlichte Romane, und der Antrieb war nur, besser zu werden, so gut, dass ich irgendwann sagen würde: “So, dass ist jetzt mal richtig gut. Inhalt und Form stimmen, ich sage alles, was ich wollte, und die Menschen tragen mich auf Händen für die Warheit, die ich Ihnen geschenkt habe.” Das wird wohl nie passieren.

Schweiz?

Westdeutschland war mir zu groß. Oder ich weiss nicht. Nach der DDR habe ich einen Ort gesucht, an dem ich keine Angst haben muss. Ein wenig pathologisch, ich gebe es zu. In der Schweiz habe ich mich immer wie in einem Schaumbad gefühlt. Nicht wegen der Steuern des Reichtums, eigentlich ist das Land zu teuer für Künstlerinnen. Aber es hatte immer mein Tempo, der Humor der Menschen entsprach mir mehr. Irgendwie so etwas ungreifbares.

Reisen?

Nachdem ich lange Zeit die Welt besichtigen musste, um ein wenig zu verstehen, Kriege und Armut und alles, was anders ist als bei uns, sehen und begreifen musste, muss ich das heute zwingend nicht mehr. Ich fahre nur noch gerne an Orte, die ich kenne, und an denen mir wohl ist.

Buchmessen?

Kotz.

Toto?

Mein Idealmensch.

Leben?

Eindeutig zu kurz. Erst weiss man nicht, wer man ist und wo und mit wem und warum. Und wenn man das herausgefunden hat, muss man auch schon langsam den Sarg packen.

Autoren?

Wild durcheinander, zu allen Zeiten unterschiedlich wichtig. Upton Sinclair, Bret Easton Ellis, Murakami, Zola, Greer, Phillipe Djian.

Weiss?

Ich hab es eigentlich schwarz lieber, ich finde es lustiger in Punkkneipen (ok, die gibt es nicht mehr) als mit Engeln zu reden. Schwarzer humor, schwarze sachen contra weisse Lichtarbeiter.

Netzwerke?

Prima. Also online? Prima. Oder in Echtzeit? Prima.
Ohne andere ist das Leben doch komplett unerträglich. Große Liebe zum Internet, große Liebe zu Nerds, große Liebe zu all dem Raum im Netz, den ich noch nicht verstehe.

Genuss?

Dauernd. Wenn nicht Buchmesse. Ich bin der trägste, genussvoll vor sich hinsabbernde Mensch, den ich kenne.

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