Er ist wieder da. Und das mit den Juden bleibt nicht witzig.

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Es war irgendwie klar, dass irgendeiner so ein Buch schreiben wird. Der Führer und die Gegenwart. Was ein Szenario. Wie nahe liegend. Der Führer im hippen Berlin von Heute, zwischen Medienwahnsinn, politischer Groteske und den einfachen Menschen, den Volksgenossen und Genossinnen, die ihm zuerst einmal mit Argwohn, Verwirrung („Sind sie von Raab?“) und Empörung begegnen (wer will es ihnen verdenken), ihn aber schnell zum Comedystar hochjubeln (wer will es ihnen verdenken).

Warum Hitler im Berlin des Jahres 2011 nach Benzin riechend und mit Erde am Beinkleid erwacht, warum er nicht einfach tot geblieben ist und warum dies eine Art Einzelschicksal („Wo ist Bormann?“) zu scheint, überlässt der Autor gekonnt des Lesers eigener Erklärungsnot. Hier wird nicht groß konstruiert, hier wird erzählt. Und das ist erst einmal ganz gut. Die ersten Lacher lassen demzufolge nicht lange auf sich warten („Hitlerjunge Ronaldo, wo gehts zur Straße?“) und Autor  Timur Vermes lässt keine Kalauer und Seitenhiebe aus, um die Bundesrepublik der Gegenwart als einen Ort zu beschreiben, in dem es von grotesken Berühmtheiten, unfähigen Politikern, und unzufriedenen Volksgenossen nur so wimmelt. Jeder bekommt sein Fett weg, egal ob Kriegshelden wie Paulus, Ministerpraktikanten wie die Luschen von der FDP, Fernsehfritzen und Medienheinis, Kretins und Asiaten und natürlich alle Feinde des deutschen Volkes bzw. der deutschen Rasse, die Juden, die Türken, die Bolschewiken und all die anderen. Und der Judenfuchs auch. Und die die Geschicke der Nation lenkende Matrone.

Natürlich ist es ganz groß, wenn sich der Führer in der heruntergekommenen Parteizentrale der NPD den völlig derangierten Holger Apfel vorknöpft und hinterher der versammelten Presse erklärt, dass dies keine Partei sei, in der ein aufrechter Deutscher Mitglied sein sollte. Oder wie er, respektlos wie der selbst-erklärte größte Feldherr und Führer nun mal sein darf, das deutsche Moral-Orakel Helmut Schmidt als rollenden Schwelbrand ohne jegliche historisch-relevanten Leistungen entlarvt bzw. diffamiert (suchen sie sich es aus) und die auf gegenseitige Beschäftigung und Vernichtung von Juden und Moslems angelegte Gründung des Staates Israels als taktisch nicht unkluges Machwerk bejubelt, das alles ist in seiner Deftigkeit humorig, gar witzig. Und mit Sicherheit trifft „Er ist wieder da“ auch den sarrazenischen Zeitgeist der gesellschaftlichen Grauzone, nur wird es da leider zuweilen nun einmal kritisch, denn „das mit den Juden ist nicht witzig“, wie der Führer selbst des öfteren anmerkt und wie in aktuellen Diskuren wie dem um jJkob Augstein auch immer wieder deutlich wird. Natürlich ist dieses Buch schändlicher als alle Sarrazins, Pastörs, Freiwild-Fans und Mitglieder des nationalem Kampfverbandes sächsische Schweiz zusammen, doch das ist vielleicht ganz gut so: Fortschritt lebt von Übertreibung.

Gegen Ende geht Vermes dann leider die Luft aus. Lieblos entlässt er den Führer in die Mitte der Gesellschaft. Erst wird er Comedystar und dann, nachdem zwei real-extierende Volksgenossen aus der braunen Szene ihn übelst zusammenschlagen, zur Gallionsfigur gegen rechte Gewalt und Rechtsradikalismus. Das entbehrt natürlich nicht einer gewissen Komik, doch Vermes verpasst hier auch die Chance, den historischen Fakten in ihrer Grausamkeit gerecht zu werden. Gerecht ist das Buch jedoch was die Preisgestaltung angeht, denn 19,33 € deuten darauf hin, dass hier genau kalkuliert wurde. Vielleicht wie beim ganzen Buch.

„Ich bin wieder da“, Timur Vermes, Eichborn Verlag, 19,33 €
Elmar Bracht

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