Berlin ist übersättigt. Mit vielem. Mit Touristen. Mit Clubs und Feierei. Mit Schwaben(-hass). Und mit (urbaner) Kunst. Überall, an jeder Ecke, kriegt man sie, manche gut, manche schlecht, manche auf der Straße, manche in der Galerie, manche billig, manche Teuer. In dieser Flut wirklich noch ein Zeichen zu setzen ist schwierig. Allein der Verwaltungsaufwand für große Projekte ist gestiegen. Berlin hat den Luxus kritisch selektieren zu können aus einer Flut mehr oder minder begabter Leute. Doch selbst, wenn man diese an der hand und keine Angst vor Bürokratie hat, bleibt ein Problem: viele gute Flächen sind bereits belegt. Die nahe liegende Lösung liegt nicht jedem: raus aus der Großstadt, rein in die Provinz. Das hat mehrere Vorteile. 1. Sind dort noch Flächen en masse vorhanden und die Stadt (um nich Dorf zu sagen) selbst in dankbar für etwas frischen Wind 2. Sind die Reaktionen der Leute höchstwahrscheinlich noch nicht so abgeklärt wie hier („oh…ne neue Wand…ganz nett…kennt man doch aber irgendwoher…“).
Ähnliches muss sich auch Björn Shorr gedacht haben. Der Exil-Berliner lebt in thüringens Hauptstatd Erfurt und rief dort mit Unterstützern bereits das Projekt OQ-Paint ins Leben. Im Zuge dessen sind in der Stadt nahezu erstmalig (oder sogar erstmalig) Murals in Kollaboration mit lokalen Künstlern entstanden. Ein Paukenschlag in einer Gegend, in der selbst die Hauptstadt recht provinziell anmutet. Die Einzig nennenswerte Spielwiese für Künstler, das ehemalige Topf und Söhne –Gelände, musste hier Stadtplanerisch einem Futternapf und einem dänischen Bettenlager weichen. Nur mal so als kleines Stadt-Politikbeispiel.
Der zweite Schritt war jedoch überraschend. Statt noch mehr Wände in Erfurt oder einer ähnlich großen Stadt zu bespielen, verschlug es ihn mit einem, wieder mit Unterstützern auf die Beine gestellten, Urban Art Festival nach Schmalkalden (verdient eher so das Prädikat am Arsch der welt). Diesmal im Gepäck: nationale internationale Künstler von Rang und Namen, wie Hendrik „ecb“ Beikirch, Herakut und Pixelpancho. Seit Juni werden hier unter dem Projektnamen „Wallcome“ Wände bespielt. 5 sind bereits fertig. Ab dem 8.9. beginnt die Arbeit an den letzten Beiden. Zudem wurde ein Programm für Interessierte aufgestellt, bestehend aus Führungen, Film-Screenings (Graffit/StreetArt bezogene Filme), Vorträge, Konzerte etc, welches zwischen dem 8.9. und 13.9. stattfindet. Das Programm wirkt vielversprechend und durchdacht. Geeignet für Kenner und Anfänger, Szeneinvolvierte und Interessierte. Wer also in der nächste Woche den einen oder anderen Tag entbehren kann, dem sei ein Kurztrip nach Schmalkalden empfohlen. Ich glaube selbst nicht, das ich das schreibe, aber: es wird sich garantiert lohnen!!!
Mehr Informationen zum Projekt, seinen Wänden und seinem Programm findet ihr hier
(YB)