WIRTZ – Einlegen, zurücklehnen, wiederbeleben

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Der Wirtz macht Ballett. Also nicht im Sinne von klassischem Tanz, sondern er war einfach fleissig. 2015 dürfte für ihn das Jahr der großen Schritte und neuen Verknüpfungen gewesen sein. Und es war das Jahr vieler Live- und TV-Auftritte. Daniel Wirtz gehörte in der diesjährigen Staffel von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ zur musikalischen Besetzung und konnte mit konträren Neuinterpretationen anderer Musiker überraschen und überzeugen. Vor allem erfuhr der Wahl-Frankfurter einen wahnsinnigen Boost an Popularität, womit er womöglich selbst nicht rechnete, zumindest nicht in diesem Ausmaß.

Sein mittlerweile fünftes Studioalbum „Auf die Plätze, fertig, los!“ erschien im Juni diesen Jahres und konnte sich erfolgreich in den deutschen Charts platzieren. Auch die Vorgängeralben wie „11 Zeugen“, „Erdling“, „Akustik Voodoo“ sowie „Unplugged“ erfuhren nochmals erhöhte Aufmerksamkeit, nachdem Wirtz im Tauschkonzert die Zuschauer vollends überzeugen konnte. Daniel Wirtz polarisierte nicht, er vereinnahmte nicht, er blieb mehr im Hintergrund ohne Selbstinszenierung – außer in den Momenten, als er die Bühne betrat, die Gitarre in die Hand nahm und zu singen begann. Wirtz begeistert seit jeher mit Vielseitigkeit und sympathischer Bescheidenheit und natürlich – wie soll es auch anders sein – mit solider Rockmusik und überzeugenden deutschen Texten.

Neben dem Hörerlebnis eines Studioalbums, ist für mich das Konzerterlebnis ein noch viel Wichtigeres. Es ist schwierig einzuschätzen, wie sich die Konzert-Kultur im Allgemeinen in den letzten Jahren entwickelt hat – bin ich doch eher diejenige, die sich auch nach vielen Konzertbesuchen verschiedenster Genres noch immer recht unbefangen, ja schon fast kindlich, für Live-Musik begeistern kann. Mit Blick auf Daniel Wirtz und seiner Band kann man vor allem eines feststellen: Das Kind ist gewachsen und zwar gewaltig! Und so ist es schon eine Art Ritual bei Wirtz geworden, in regelmäßigen Abständen auf Tour die Kamera laufen zu lassen und eine Live-Musik-DVD zu veröffentlichen. Alte und neue Fans wird es freuen, dass sie dieser Tage die nunmehr dritte Wirtz-DVD in den Player einlegen können. Und man wird es sich sicherlich schon denken können: „Wirtz – Auf die Plätze, fertig, los! – Live in Berlin 2015“ beinhaltet viel Wirtz, viel Rock und viele schöne band- und publikumsnahe Bewegtbilder.

Nachdem die ersten beiden DVD’s „Wirtz – Live in Frankfurt“ (2005) und „Wirtz – Live & Unplugged im Gibson Club Frankfurt“ (2015) in seiner Wahlheimat aufgenommen wurden, ist dieses Mal die Entscheidung auf Berlin gefallen. Wirtz tourte 2015 in nahezu komplett ausverkauften Häusern quer durch Deutschland und so traf sich die Band mit circa 3300 Fans in der Berliner Columbiahalle, um fröhlich feiernd zu musizieren und dabei zu filmen. Die Columbiahalle ist eine der besten Locations in Berlin für Rock/Pop-Konzerte, besticht sie vor allem mit sehr gutem Sound und viel Platz auf zwei Etagen. Auf dieser DVD wird sehr deutlich, dass Daniel Wirtz dem kleinen spontanen Live-Gig zwar so gut wie entwachsen ist, es ihm aber noch immer wichtig zu sein scheint, eine private Atmosphäre zu erschaffen, auch wenn vor ihm nicht mehr 300 Menschen stehen, sondern 3000.

Die DVD-Box wartet mit einem Konzertmitschnitt vom 18. September 2015 auf und dieser hat eine Gesamtspielzeit von circa 1h45 Minuten. Im Vergleich zur letzten Unplugged-DVD ist eine verbesserte Bildqualität zu erkennen und allgemein wirkt auch die Farbgebung kräftiger, vermutlich ist das der günstigeren Bühnenbeleuchtung zu verdanken. Die eingefangenen Bilder switchen stetig zwischen Farbe und Schwarzweiß und die Kamera wandert immer im Wechsel zwischen Schlagzeuger Christoph Liening, seitlich von Bassist Alexander Henke und vorwiegend frontal zu den beiden Gitarristen Kai Stuffel und Daniel Wirtz. Vor allem zum Ende des Konzertes sieht der Zuschauer auch einige schöne Einstellungen direkt aus der Sicht des Publikums, mit vielen Großaufnahmen von glücklichen und mitsingenden Gesichtern. Einzig negativ ist mir der etwas holprige Schnitt zwischen einigen Songs aufgefallen. Das schmälert den visuellen Rausch zwar nicht, fällt aber im Gesamtbild besonders dann auf, wenn man selbst als Gast auf dem Konzert zugegen war. Das Art-Design ist wie gewohnt schlicht und auf ein Booklet wurde auch dieses Mal verzichtet. Neben der DVD ist der Auftritt natürlich auch als Audiomitschnitt verfügbar und dieser liegt ebenfalls auf zwei Audio-CDs der Box bei.

Regisseur Carlo Oppermann zeigt auf dem aktuellen DVD-Release, dass er – wie schon auf der Unplugged-DVD Anfang 2015 – ein gutes Gespür für Dokumentationen inne hat. So findet sich neben dem Konzert wieder ein etwa halbstündiger Tour-Bericht, der uns Wirtz bei der Generalprobe zeigt, das Leben im Tourbus etwas näher beleuchtet und einige Begegnungen zwischen Fans und dem Künstler einfängt. Wir lernen die Support-Band „Milliarden“ bei einer ihrer ominösen Aftershowpartys kennen und bekommen einen guten Eindruck von den allgemeinen Tourvorbereitungen, dem Bühnenaufbau und den geheimen Ängsten und Ärgernissen, die Live-Auftritte eben so mit sich bringen.

Das wichtigste sei jedoch zum Schluss gesagt: Das entscheidendste einer Musik-DVD ist natürlich die Musik selbst und der Ton. Wirtz klingt auch im Wohnzimmer absolut brachial, mit den richtigen Boxen umso mehr. Die Playlist der diesjährigen Tour umfasste ein breites Spektrum aus insgesamt 23 alter und neuer Songs, somit dürfte nahezu jeder Wirtz-Liebhaber vollkommen auf seine Kosten gekommen sein. Mein persönlicher Zenit des Konzertes sind ohne Zweifel „Mantra“ und „Sag es“. Und auch wenn eine Silberscheibe niemals vollkommen ein Live-Konzert ersetzen kann, so kann man sich zumindest die Erinnerungen wieder ins Gedächtnis rufen, wie das denn so war im September 2015, mit den Freunden und dem Wirtz. Man darf gespannt sein, was Daniel und sein Label Wirtz-Musik in Zukunft weiter kreieren werden. Auf jeden Fall folgen im neuen Jahr noch einige Konzerte in Österreich und für Sommer 2016 sind ein paar Festival-Auftritte in Deutschland geplant.

Bis dahin also „Wirtz – Auf die Plätze, fertig, los! – Live in Berlin 2015“ einlegen, zurücklehnen und wiederbeleben.

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